Erläuterung und Kommentar zur "rosa Tabelle" in: Haupttabelle B, Zeile: Kommission E
In der rosafarbenen Tabelle sind 11 neue und ungewöhnliche Diagnosen/Anwendungen für Artemisia vulgaris, im Zusammenhang mit der Funktion des Nervensystems aufgeführt.
Die Anzahl dieser Diagnosen und die Tatsache, dass sie zusammen aufgelistet werden, macht den Eindruck, dass die Behandlung psychiatrischer und neurologischer Beschwerden zu einem wichtigen Bestandteil des therapeutischen Porträts von Artemisia vulgaris gehört, was eine große inhaltliche Neuerung darstellt. Darüber hinaus werden die meisten dieser Anwendungen auf die therapeutische Wirkung der Beifuß Wurzel (Radix Artemisiae) zurückgeführt; dadurch wird der therapeutische Wert der Wurzel deutlich bedeutsamer, was ebenfalls neu ist.
Es muss deutlich hervorgehoben werden, dass die Analyse der Quellen, die der negativen (-) Monographie der Kommission E von 1988 vorausgingen (d.h. fast alle!), eine solche signifikante Wirkung von Artemisia vulgaris auf das Nervensystem NICHT bestätigt.
Aus Sicht der TCM ist der Funktionskreis des Herzens (orbis cardialis) maßgeblich für das seelische Befinden des Menschen verantwortlich; dieser Funktionskreis jedoch hat bei der bisherigen Beschreibung der medizinischen Eigenschaften des Beifußes, die vor allem auf der Grundlage der ganzheitlichen medizinischen Nosologie erstellt wurde, kaum eine Rolle gespielt.
Dies stellt die in der Monographie der Kommission E enthaltenen Informationen – repräsentativ für die EBM-Medizin und die Nomenklatur – in großer Frage.
Laut TCM, die leicht beruhigende und krampflösende Wirkung des Beifußes ist auf die Beseitigung von Qi- und XUE-Stau, vor allem im Funktionskreis der Leber (orbis hepaticus) zurückzuführen; die leicht anregende und stimmungsaufhellende Wirkung hingegen kommt von der Stärkung des Funktionskreises der Milz (orbis lienalis) durch seine Erwärmung und Trocknung (denn die optimalen Bedingungen für das gute Funktionieren des Funktionskreises der Milz sind Wärme und Trockenheit), was sekundär dem Funktionskreis der Niere (orbis renalis) zugutekommt, was sich klinisch durch die Linderung von Angstgefühlen (Anxiolysis) äußert.
Es kann also NICHT von einer direkten Verstärkung des Funktionskreises des Herzens (orbis cardialis) gesprochen werden!
Diese Zusammenhänge sind in der folgenden Tabelle schematisch dargestellt:
Tabelle 1. Die Funktionskreise von Artemisia vulgaris in Bezug auf die in der Monographie der Kommission E (-) aufgeführten Diagnosen für das Nervensystem.
Funktionskreis (TCM) | Diagnose für Nervensystem (EBM) |
Leber und Gallenblase orbis hepaticus |
Epilepsie, Hysterie, Schlaflosigkeit, vegetative Neurosen (milde positive therapeutische Wirkung) |
Milz und Magen orbis lienalis |
Depression, Hypochondrie, Neurasthenie (milde positive therapeutische Wirkung) |
Niere und Urinblase orbis renalis |
Angstzustände (milde positive therapeutische Wirkung) |
Mit anderen Worten: Die milde positive therapeutische Wirkung des Beifußes auf die vorgestellten Diagnosen für das Nervensystem sollte nicht den dominierenden therapeutischen Eindruck machen, den die Lektüre der Monographie der Kommission E (-) vermittelt, da dies zu einer falschen Therapie führen kann. Dieser Eindruck verblasst, wenn man ihn mit dem 2000-Jahre-alt Gesamtwerk der holistischen Medizin konfrontiert, die auf dokumentierten klinischen Erfahrungen beruht, aber nicht jeder Leser der Monographie der Kommission E ist sich dessen bewusst. Er sollte daher darauf aufmerksam gemacht werden, dass das in der Monographie (-) der Kommission E dargestellte therapeutische Potential von Artemisia vulgaris L. in unverständlicher Weise um viele und bisher nicht dokumentierte therapeutische Indikationen aus einem neuen klinischen Anwendungsbereich bereichert wurde.